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Katharina Samoylova - Hilfe bei Narzissmus

Narzisst akzeptiert Trennung nicht: Warum er nicht loslässt und wie du dich schützt

Eine Frau steht am Fenster und liest eine Nachricht von ihrem Ex-Freund, der die Trennung nicht akzeptieren will. Ein Symbolbild für einen Narzissten, der die Trennung nicht akzeptieren kann.
Kennst du jemanden, dem dieser Beitrag helfen könnte?

Als Sarah ihrem Partner nach drei Jahren endlich mitteilte, dass sie die Beziehung beenden möchte, rechnete sie mit vielem – aber nicht damit, was danach kam. Ihr Ex, ein klassischer Narzisst, akzeptiert die Trennung nicht. Seit Wochen bombardiert er sie mit Nachrichten, taucht unangemeldet vor ihrer Wohnung auf und schwankt zwischen überschwänglichen Liebesbekundungen und heftigen Vorwürfen. „Ich dachte, nach der Trennung wird es endlich ruhig“, erzählt sie mir in unserer ersten Sitzung. „Aber es fühlt sich an, als hätte ich ihn noch nie so intensiv erlebt.“

Diese Situation kennen viele Frauen, die sich aus einer narzisstischen Beziehung gelöst haben. Die Phase nach der Trennung kann zur emotionalsten und herausforderndsten Zeit werden – denn für einen Narzissten bedeutet das Ende der Beziehung mehr als nur Verlust. Es bedeutet eine Kränkung seines Selbstbildes, einen Kontrollverlust, den er mit allen Mitteln rückgängig machen will.

In diesem Artikel erfährst du, warum dein narzisstischer Ex-Partner nicht loslassen kann, welche typischen Verhaltensweisen dich erwarten und – am wichtigsten – wie du dich effektiv schützt und deine Heilung priorisierst.

Warum akzeptiert ein Narzisst die Trennung nicht?

Das Zusammenbrechen einer sorgfältig konstruierten Realität

Sarah erinnert sich an den Moment, als sie die Worte aussprach. „Ich habe ihm gesagt, dass ich gehe. Ganz ruhig, ohne Drama. Und er… er schaute mich einfach nur an, als hätte ich gerade etwas völlig Absurdes gesagt. Als hätte ich ihm mitgeteilt, dass der Himmel grün ist. Dann kam dieses Lachen. Dieses herablassende, fast mitleidige Lachen, und er sagte: ‚Das meinst du nicht ernst. Du kannst gar nicht ohne mich.‘

In diesem Moment zeigte sich, was viele Frauen erleben, wenn ein Narzisst die Trennung nicht akzeptiert: die komplette Verweigerung, deine Realität anzuerkennen. Für Sarah war die Beziehung längst zerbrochen. Sie hatte Monate gebraucht, um zu dieser Entscheidung zu kommen, hatte sich durch schlaflose Nächte gekämpft, durch Zweifel und Schuldgefühle. Aber für ihn? Für ihn existierte diese Realität schlichtweg nicht.

Aus meiner Arbeit mit Betroffenen weiß ich: Ein Narzisst lebt in einer Welt, die er sich selbst erschaffen hat. In dieser Welt ist er der Mittelpunkt, der Regisseur, derjenige, der das Drehbuch schreibt. Und in seinem Drehbuch gibt es kein Kapitel, in dem du einfach gehst. Das wäre, als würde eine Figur in seinem Film plötzlich ihr eigenes Leben leben wollen – undenkbar. Du bist in seiner Wahrnehmung eine Erweiterung seiner selbst, ein Spiegel, der ihm täglich bestätigt, wie großartig er ist. Wenn dieser Spiegel wegbricht, bricht ein Teil seiner Identität zusammen.

Der unsichtbare Riss im Fundament

„Was mir erst später klar wurde“, erzählt Sarah weiter, „war, dass er in den drei Jahren unserer Beziehung nie wirklich mich gesehen hat. Er hat ein Bild von mir geliebt, das er selbst geschaffen hatte. Die perfekte Freundin, die bewundert, die versteht, die immer da ist. Als ich anfing, Grenzen zu setzen, wurde ich zur Bedrohung.“

Hier liegt der Kern dessen, warum ein Narzisst eine Trennung nicht akzeptieren kann: Sein gesamtes Selbstwertgefühl ist wie ein Kartenhaus gebaut. Von außen wirkt es imposant, stabil, unerschütterlich. Er präsentiert sich als selbstsicher, manchmal sogar überlegen. Aber dieses Konstrukt steht auf einem Fundament, das so fragil ist, dass der kleinste Windhauch es zum Einsturz bringen kann. Und eine Trennung? Das ist kein Windhauch. Das ist ein Orkan.

Psychologisch gesehen kompensieren Menschen mit narzisstischen Zügen ein tiefes, oft unbewusstes Gefühl der Wertlosigkeit durch eine grandiose äußere Fassade. Jede Bestätigung von außen ist wie ein Pflaster auf einer Wunde, die nie richtig heilt. Du warst eine dieser Bestätigungsquellen – vielleicht sogar die wichtigste. Wenn du gehst, reißt du nicht nur ein Pflaster ab. Du offenbarst die Wunde selbst, und das ist für einen Narzissten unerträglich.

Kontrolle als Lebenselixier

In unserer zweiten Sitzung erzählt Sarah von einem Detail, das ihr erst im Nachhinein auffiel: „Er musste immer alles kontrollieren. Wo wir essen gehen, wann wir uns mit Freunden treffen, sogar wie ich mich anziehe. Anfangs dachte ich, er kümmert sich einfach. Aber es war nie Fürsorge. Es war Kontrolle. Und als ich ging, hat er diese Kontrolle verloren – zum ersten Mal.“

Ein Narzisst definiert sich über seine Fähigkeit, sein Umfeld zu steuern. Beziehungen sind für ihn keine gleichwertigen Partnerschaften, sondern Bühnen, auf denen er die Hauptrolle spielt und alle anderen die Statisten sind. Du sollst applaudieren, bewundern, dich anpassen. Wenn du diese Rolle verlässt und sagst „Ich gehe meinen eigenen Weg“, bedrohst du nicht nur seine Kontrolle über dich. Du bedrohst seine gesamte Art, sich in der Welt zu verorten.

Die Angst vor Ablehnung, die dabei zum Vorschein kommt, ist paradox. Nach außen wirkt ein Narzisst oft so, als bräuchte er niemanden. Als wäre er sich selbst genug. Doch die Wahrheit ist: Er braucht dich mehr, als du jemals ihn gebraucht hast. Nicht aus Liebe im eigentlichen Sinne, sondern weil du eine Funktion erfüllst. Du stabilisierst sein fragiles Selbstbild. Ohne dich muss er sich der inneren Leere stellen – und genau das kann er nicht ertragen.

Die Verweigerung jeder Selbstreflexion

Das Verrückteste war„, sagt Sarah und ihre Stimme wird dabei fester, „dass er bis heute nicht verstanden hat, was er falsch gemacht hat. In seinen Augen war unsere Beziehung perfekt. Jedes Mal, wenn ich Probleme ansprach, wurde ich als überempfindlich abgestempelt. Wenn ich weinte, war ich emotional instabil. Und jetzt, wo ich weg bin, bin ich in seinen Augen einfach nur undankbar.“

Dieser Punkt ist zentral, wenn wir verstehen wollen, warum ein Narzisst eine Trennung nicht akzeptiert. Echte Akzeptanz würde Selbstreflexion erfordern. Sie würde bedeuten, anzuerkennen: „Ich habe zu dieser Trennung beigetragen. Ich habe Fehler gemacht. Ich habe dich verletzt.“ Doch genau diese Fähigkeit zur Selbstkritik fehlt einem Narzissten fundamental. Sein inneres Narrativ lautet immer: Ich bin ohne Makel. Wenn etwas schiefgeht, liegt es an den anderen.

Psychologisch schützt ihn diese verzerrte Wahrnehmung vor dem Zusammenbruch seines Selbstbildes. Würde er zugeben, dass er Anteil am Scheitern der Beziehung hat, müsste er seine gesamte Selbstwahrnehmung infrage stellen. Und das würde bedeuten, sich mit der Angst und dem Schmerz auseinanderzusetzen, die unter der narzisstischen Fassade lauern. Also konstruiert er eine alternative Realität: Du bist das Problem. Du bist schwierig, unvernünftig, nicht gut genug. Und deshalb muss er dich zurückholen – nicht weil er dich liebt, sondern weil er beweisen muss, dass seine Version der Geschichte die richtige ist.

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Typische Verhaltensweisen nach der Trennung

Die Schockphase: Wenn die Realität nicht sein darf

Die ersten Tage nach der Trennung sind für Sarah ein verschwommener Nebel aus Erleichterung und gleichzeitig einer seltsamen Leere. Sie hatte sich auf Ruhe gefreut. Auf die Stille, die endlich einkehren würde. Stattdessen klingelt ihr Handyununterbrochen. Zwölf verpasste Anrufe beim ersten Blick aufs Display. Dann die Nachrichten. „Wir müssen reden.“ „Das kann nicht dein Ernst sein.“ „Ruf mich an. JETZT.“

„Ich hatte ihm doch alles gesagt“, erzählt sie mir. „Ich hatte ihm erklärt, warum ich gehe. Ich hatte ihm Beispiele gegeben, Situationen beschrieben, Gefühle benannt. Aber es war, als hätte er nichts davon gehört. Als würde er denken, wenn er nur oft genug anruft, würde ich meine Meinung ändern.“

In dieser Phase zeigt sich, wie sehr ein Narzisst die Trennung nicht akzeptiert. Es ist nicht nur Unverständnis. Es ist aktive Verweigerung. Er kann nicht glauben, dass du tatsächlich gegangen bist, weil es in sein Weltbild nicht passt. Also versucht er, durch schiere Präsenz und Beharrlichkeit die Realität zu seinem Gunsten umzuschreiben. Jeder Anruf, jede Nachricht ist ein Versuch, die Kontrolle zurückzugewinnen, die ihm entglitten ist.

Lovebombing: Die süße Illusion der Veränderung

Als die ersten Anrufe ignoriert bleiben, ändert sich die Strategie. Sarah findet eines Morgens einen riesigen Blumenstrauß vor ihrer Wohnungstür. Die Karte: „Du bist die Liebe meines Lebens. Ohne dich bin ich verloren. Bitte gib mir noch eine Chance.“

Am nächsten Tag kommt eine Sprachnachricht. Seine Stimme klingt gebrochen, verzweifelt, so verletzlich, wie Sarah ihn nie erlebt hat. „Ich war beim Therapeuten“, sagt er. „Ich verstehe jetzt, was ich falsch gemacht habe. Ich will mich ändern. Für uns. Für dich.“ Dann kommen die Gedichte. Die langen E-Mails, in denen er ihre gemeinsame Zeit romantisiert, jedes Detail heraufbeschwört, als wäre ihre Beziehung eine große Liebesgeschichte gewesen.

„Für einen Moment“, gibt Sarah zu und ihre Stimme wird leiser, „für einen Moment wollte ich es glauben. Ich wollte glauben, dass er sich wirklich verändert hat. Dass die Therapie nach einer Sitzung Wunder bewirkt. Dass er plötzlich der Mann sein könnte, den ich mir immer gewünscht hatte.“

Hier zeigt sich die Perfidie des Lovebombing. Ein Narzisst kennt dich genau. Er weiß, welche Knöpfe er drücken muss, welche Sehnsüchte in dir schlummern, welche Hoffnungen du hattest. Und jetzt, wo er dich zu verlieren droht, holt er alles hervor. Nicht weil er sich verändert hat, sondern weil er verzweifelt ist. Die Blumen, die Versprechen, die plötzliche Emotionalität – all das ist nicht Ausdruck echter Liebe. Es ist eine Manipulation, getrieben von der Panik, dich als narzisstische Zufuhr zu verlieren.

Aus psychologischer Sicht ist das Lovebombing ein Rückfall in die Anfangsphase eurer Beziehung. Erinnerst du dich, wie es am Anfang war? Diese überwältigende Aufmerksamkeit, das Gefühl, endlich jemanden gefunden zu haben, der dich wirklich sieht? Genau dieses Gefühl versucht er jetzt wieder zu erzeugen. Denn er weiß: Es hat einmal funktioniert. Es hat dich einmal gebunden. Warum sollte es jetzt nicht wieder funktionieren?

Der Umschlag: Wenn Liebe zu Wut wird

Sarah ignoriert die Blumen. Sie löscht die E-Mails ungelesen. Sie blockt seine Nummer. Und dann, nach einer Woche relativer Ruhe, beginnt die nächste Phase. Es fängt mit einer Nachricht über einen gemeinsamen Freund an: „Sag Sarah, dass sie sich nicht so anstellen soll. Sie macht aus einer Mücke einen Elefanten.“

Dann die direkten Angriffe über Social Media, von einem Account, den sie nicht blockiert hatte: „Du bist egoistisch. Du denkst nur an dich. Nach allem, was ich für dich getan habe.“ Die Nachrichten werden härter, verletzender. „Du wirst es bereuen. Niemand wird dich so lieben wie ich. Du bist nichts ohne mich.“

Ich saß vor meinem Laptop und konnte es nicht fassen“, erzählt Sarah. „Das war derselbe Mann, der mir eine Woche zuvor Gedichte geschrieben hatte. Wie konnte jemand so schnell umschalten? Von ‚Du bist die Liebe meines Lebens‘ zu ‚Du bist nichts wert‘?

Diese Abwertung ist kein Kontrollverlust. Sie ist eine bewusste Strategie – wenn auch nicht im berechnenden Sinne. Wenn das Lovebombing nicht funktioniert, wenn du standhaft bleibst, muss der Narzisst sein Selbstbild schützen. Und der einzige Weg, wie er das tun kann, ist dich zu entwerten. Wenn er dich klein macht, muss er nicht akzeptieren, dass du die Macht hattest, ihn zu verlassen. Dann kann er sich selbst einreden: „Ich wollte sie sowieso nicht mehr. Sie war es nicht wert.“

Psychologisch ist das eine Form der projektiven Identifikation. Der Schmerz und die Wut, die er eigentlich über sich selbst empfindet – die Tatsache, dass er „gescheitert“ ist, dass jemand ihn verlassen hat – werden auf dich projiziert. Du wirst zum Sündenbock für seine eigenen unerträglichen Gefühle.

Gaslighting: Der Angriff auf deine Realität

Besonders heimtückisch wird es, als Sarah nach einigen Wochen eine lange Nachricht bekommt. Ihr Ex schreibt ihr, dass sie sich an bestimmte Situationen völlig falsch erinnere. Der große Streit, der zur Trennung geführt hatte? „Das war doch gar kein Streit. Wir hatten eine normale Diskussion, und du bist ausgerastet.“ Die Situationen, in denen er sie vor Freunden bloßgestellt hatte? „Das ist nie passiert. Du bildest dir das ein.“

„Ich fing an zu zweifeln“, gesteht Sarah. „Ich holte mein Tagebuch raus, in dem ich Dinge notiert hatte. Aber selbst dann dachte ich: Habe ich das vielleicht dramatisiert? Bin ich wirklich so überempfindlich, wie er sagt?“

Das ist Gaslighting in seiner reinsten Form. Ein Narzisst, der die Trennung nicht akzeptiert, greift nicht nur dein Selbstwertgefühl an. Er greift deine Wahrnehmung der Realität an. Wenn er dich dazu bringen kann zu zweifeln, ob deine Erinnerungen stimmen, ob deine Gefühle berechtigt waren, dann hat er wieder ein Stück Kontrolle über dich gewonnen. Selbst aus der Ferne, selbst nach der Trennung.

Gaslighting ist so wirksam, weil es deine Grundfeste erschüttert. Wir alle verlassen uns darauf, dass unsere Wahrnehmung im Großen und Ganzen korrekt ist. Wenn jemand, der uns nahstand, der uns angeblich liebte, uns permanent suggeriert, dass unsere Realität falsch ist, beginnen wir zu wanken. Besonders nach Jahren in einer narzisstischen Beziehung, in der dieses Muster schon lange etabliert wurde.

Die narzisstische Spirale nach der Trennung

Der verzweifelte Kampf um das Selbstbild

Etwa zwei Monate nach der Trennung sitzt Sarah in meiner Praxis und wirkt erschöpft. „Ich verstehe es nicht“, sagt sie. „Er hat inzwischen eine neue Freundin. Ich habe Fotos auf Instagram gesehen. Sie sehen glücklich aus. Warum kontaktiert er mich dann immer noch?“

Das ist eine Frage, die viele Frauen umtreibt, und die Antwort offenbart viel darüber, warum ein Narzisst die Trennung nicht akzeptiert – selbst wenn er scheinbar weitergezogen ist. Es geht nicht um dich als Person. Es ging nie um dich als Person. Es geht um das, was du repräsentierst: eine narzisstische Kränkung, eine offene Wunde in seinem Selbstbild, die nicht heilen kann, solange du existierst als jemand, der ihn verlassen hat.

Die neue Freundin ist keine Lösung für dieses Problem. Sie ist ein Pflaster, ein neuer Spiegel, der ihm Bestätigung gibt. Aber du bleibst die Erinnerung daran, dass sein Konstrukt nicht perfekt ist, dass jemand durchschauen konnte, wer er wirklich ist, und die Konsequenz gezogen hat. Das ist für einen Narzissten unerträglich.

Der Kreislauf aus Annäherung und Aggression

Sarah berichtet von einem Muster, das sich etabliert hat: Einige Wochen Ruhe, in denen sie fast glaubt, es sei vorbei. Dann plötzlich eine Nachricht. Manchmal versöhnlich („Ich habe an dich gedacht“), manchmal aggressiv („Du hast mein Leben ruiniert“), manchmal manipulativ („Ich bin krank, ich brauche dich“).

„Es ist wie eine Achterbahn“, beschreibt sie. „Ich weiß nie, wann die nächste Welle kommt. Und selbst wenn Wochen vergehen, bin ich innerlich angespannt. Ich warte auf den nächsten Kontaktversuch.“

Dieses Verhalten folgt einem psychologischen Prinzip: intermittierende Verstärkung. Aus der Verhaltenspsychologie wissen wir, dass unvorhersehbare Belohnungen und Strafen eine stärkere Bindung erzeugen als konstante Muster. Wenn er dich in unregelmäßigen Abständen kontaktiert, hält er dich in einem Zustand der Alarmbereitschaft. Du kannst nie wirklich loslassen, nie komplett abschließen, weil da immer die Möglichkeit ist, dass er wieder auftaucht.

Für den Narzissten selbst ist dieses Verhalten getrieben von inneren Schwankungen. In Momenten, in denen sein Selbstwertgefühl stabil ist – vielleicht durch Erfolge im Beruf oder die neue Beziehung – kann er dich ignorieren. Aber sobald etwas in seinem Leben schiefläuft, sobald er eine Kränkung erlebt, wird die alte Wunde wieder aufgerissen. Dann muss er dich kontaktieren, muss versuchen, entweder Bestätigung von dir zu bekommen oder dich erneut abzuwerten, um sich besser zu fühlen.

Offene versus verdeckte Narzissten: Unterschiedliche Taktiken, gleiches Ziel

In unserer Arbeit wird deutlich, dass Sarahs Ex ein verdeckter Narzisst ist. „Er inszeniert sich bei gemeinsamen Freunden als das verlassene, verletzliche Opfer“, erzählt sie. „Er erzählt allen, wie sehr er mich geliebt hat, wie plötzlich die Trennung kam, dass er nicht versteht, was passiert ist. Ich bin diejenige, die herzlos wirkt.“

Verdeckte Narzissten arbeiten mit Mitleid. Sie präsentieren sich als missverstanden, zu sensibel für diese Welt, zutiefst verletzt. Diese Maske ist genauso manipulativ wie die des offenen Narzissten, der mit Wut und Aggression reagiert, nur subtiler. Beide Typen aber verfolgen dasselbe Ziel: Sie wollen nicht akzeptieren, dass du das Recht hattest zu gehen, dass deine Sicht der Dinge Gültigkeit hat.

Offene Narzissten attackieren dich direkt, manchmal sogar öffentlich. Sie nutzen soziale Medien, um dich bloßzustellen, erzählen Lügen über dich, versuchen deinen Ruf zu beschädigen. Verdeckte Narzissten arbeiten im Verborgenen, spielen den Verletzten, sammeln Verbündete ein, die dir dann vorhalten, wie du „so einen guten Mann“ verlassen konntest.

Konkrete Strategien zum Schutz und zur Selbstfürsorge

Die Entscheidung für radikale Grenzen

„Ich wusste theoretisch, dass ich den Kontakt abbrechen muss“, sagt Sarah in unserer dritten Sitzung. „Aber die Umsetzung war so viel schwerer, als ich dachte. Ich fühlte mich schuldig. Was, wenn er wirklich eine Krise hat? Was, wenn er Hilfe braucht?“

Hier stoßen wir auf ein zentrales Problem: Empathische Menschen, die oft in narzisstischen Beziehungen landen, haben Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen, ohne sich schuldig zu fühlen. Besonders wenn ein Narzisst die Trennung nicht akzeptiert und alle Register zieht, um dein Verantwortungsgefühl zu aktivieren.

Lass mich als Psychologin klar sein: Du bist nicht verantwortlich für sein emotionales Wohlbefinden. Du warst es nie, auch nicht während der Beziehung. Aber nach der Trennung ist diese Verantwortung endgültig nicht mehr deine. Seine Krisen, seine Probleme, seine Einsamkeit – das sind Dinge, die er mit einem Therapeuten, mit Freunden, mit seiner Familie bearbeiten muss. Nicht mit dir.

No Contact bedeutet genau das: kein Kontakt. Nicht „ein bisschen Kontakt“. Nicht „nur wenn es wirklich wichtig ist“. Nicht „ich schaue mal, was er will, und entscheide dann“. Jede Antwort, jede Reaktion – selbst eine ablehnende – gibt ihm, was er will: deine Aufmerksamkeit und die Bestätigung, dass er noch Macht über dich hat.

Sarah brauchte Wochen, um diesen Schritt konsequent zu gehen. Sie blockierte alle Telefonnummern, auch die von gemeinsamen Freunden, die sie im Verdacht hatte, dass er sie als Boten nutzen könnte. Sie löschte alle Social-Media-Verbindungen, nicht nur zu ihm, sondern auch zu Menschen aus seinem direkten Umfeld. Sie informierte ihre eigene Familie und engsten Freunde, dass unter keinen Umständen Informationen über sie weitergegeben werden dürfen.

Es fühlte sich an wie ein radikaler Schnitt“, erinnert sie sich. „Aber zum ersten Mal seit Monaten konnte ich nachts durchschlafen. Ich musste nicht mehr ständig mein Handy checken, musste nicht mehr in Panik geraten, wenn eine unbekannte Nummer anrief.“

Dein soziales Netz als Realitätsanker

Eine der perfidesten Strategien eines Narzissten während und nach der Beziehung ist die Isolation. Sarah erzählt, wie subtil das bei ihr ablief: „Er hat nie gesagt ‚Du darfst deine Freunde nicht sehen‘. Aber wenn ich Pläne hatte, war er plötzlich traurig. Oder er startete einen Streit kurz bevor ich loswollte. Oder er war besonders liebevoll und aufmerksam, wenn ich zu Hause blieb. Nach einer Weile habe ich automatisch weniger Verabredungen getroffen.“

Nach der Trennung wird dieses soziale Netz überlebenswichtig. Nicht nur für praktische Unterstützung, sondern vor allem als Realitätsanker. Wenn du Wochen oder Jahre in einer Beziehung verbracht hast, in der deine Wahrnehmung permanent infrage gestellt wurde, brauchst du Menschen, die dir spiegeln: Nein, du bist nicht verrückt. Ja, das ist wirklich passiert. Ja, du hattest jeden Grund zu gehen.

Sarah hatte das Glück, eine beste Freundin zu haben, die durchgehalten hatte. „Linda war immer skeptisch ihm gegenüber“, erzählt sie. „Aber sie hat nie gesagt ‚Ich habs dir ja gesagt‘, als ich mich ihr anvertraute. Sie hat einfach nur zugehört. Und in Momenten, in denen ich schwankte, in denen ich dachte, vielleicht war ich doch zu hart – da hat sie mir geholfen, mich zu erinnern.“

Linda wurde zu Sarahs Dokumentationspartnerin. Wenn der Ex-Partner kontaktierte, schickte Sarah ihrer Freundin Screenshots. Nicht um zu lästern, sondern um eine externe Perspektive zu haben. „Es gab diese eine Nachricht“, erinnert sich Sarah, „in der er schrieb, ich sei undankbar und würde nicht schätzen, was er alles für mich getan hat. Als ich das las, fühlte ich sofort diese Welle von Schuld. Aber Linda schrieb zurück: ‚Sarah, erinnerst du dich? Er hat dich drei Jahre kontrolliert. Das ist keine Fürsorge. Das war Manipulation.‘ Und plötzlich konnte ich es wieder klar sehen.“

Die Kraft professioneller Begleitung

„Warum habe ich nicht früher Hilfe gesucht?“ Diese Frage stellt Sarah sich selbst in unserer Sitzung. Die Antwort ist komplex. Scham spielt eine Rolle. Die Angst, verurteilt zu werden. Die Hoffnung, es alleine schaffen zu können. Aber auch die Tatsache, dass ein Narzisst oft jede Form von Außenunterstützung sabotiert.

Therapeutische oder psychologische Begleitung nach einer narzisstischen Beziehung ist keine Schwäche. Sie ist eine Notwendigkeit. Die Dynamiken in solchen Beziehungen sind so komplex, die psychologischen Mechanismen so verwoben, dass es fast unmöglich ist, sie ohne externe Hilfe vollständig zu durchschauen und zu verarbeiten.

In unserer Arbeit fokussieren wir auf mehrere Ebenen: Zunächst geht es um Psychoedukation. Sarah muss verstehen, was narzisstische Persönlichkeitszüge bedeuten, wie Manipulation funktioniert, warum sie so anfällig für Gaslighting wurde. Dieses Wissen allein ist schon heilsam, weil es ihr zeigt: Sie ist nicht verrückt. Sie hat nicht versagt. Sie war in einem System gefangen, das darauf ausgelegt war, sie zu verwirren.

Dann arbeiten wir an ihrem Selbstwertgefühl. Jahre mit einem Narzissten hinterlassen Spuren. Sarah hatte aufgehört, ihren eigenen Wahrnehmungen zu trauen. Sie hatte gelernt, ihre Bedürfnisse hintenanzustellen. Sie hatte die innere Stimme, die ihr sagte „Das ist nicht okay“, immer leiser werden lassen, bis sie kaum noch hörbar war. Diese Stimme wieder zu stärken, ist zentral.

Und schließlich geht es um Muster. Sarah muss verstehen, warum sie überhaupt in diese Beziehung geraten ist, welche Kindheitserfahrungen sie anfällig gemacht haben, welche Glaubenssätze sie trägt, die sie daran hindern, sich selbst an erste Stelle zu setzen. Ohne diese Arbeit besteht die Gefahr, dass der nächste Partner wieder ähnliche narzisstische Züge aufweist.

Selbstfürsorge als radikaler Akt

„Ich hatte vergessen, wie es sich anfühlt, einfach nur für mich zu sein“, sagt Sarah einige Monate später. „Ohne ständig zu überlegen: Was denkt er jetzt? Was wird er dazu sagen? Passt das in sein Bild von mir?“

Selbstfürsorge nach einer narzisstischen Beziehung beginnt oft mit den grundlegendsten Dingen. Sarah musste wieder lernen, auf ihren Körper zu hören. Bin ich müde? Habe ich Hunger? Was brauche ich gerade? In der Beziehung hatte sie gelernt, diese Signale zu ignorieren, weil seine Bedürfnisse immer Vorrang hatten.

Ich ermutige sie, ein Ritual zu etablieren: Jeden Abend schreibt sie drei Dinge auf, die sie an diesem Tag für sich selbst getan hat. Am Anfang sind es kleine Dinge. „Ich habe nein gesagt, als jemand etwas von mir wollte.“

Was tun bei wiederholtem Aufsuchen und Hoovering?

Wenn die Vergangenheit an deine Tür klopft

Drei Monate Ruhe. Dann, an einem ganz normalen Donnerstagabend, vibriert Sarahs Handy. Eine unbekannte Nummer. Eine Nachricht, die sie sofort in alte Muster zurückwirft: „Ich habe an dich gedacht. Ich bin jetzt wirklich in Therapie. Können wir reden?“

Ihr Herz rast. Ihre Hände zittern. Und für einen kurzen, gefährlichen Moment denkt sie: Vielleicht hat er sich wirklich verändert.

Hoovering erkennen und durchschauen

Dieser Moment ist genau das, worauf er spekuliert. Hoovering – benannt nach dem Staubsauger, der alles zurücksaugt – ist eine der perfidesten Strategien. Ein Narzisst kommt zurück, wenn du anfängst, stark zu werden. Wenn dein Leben ohne ihn besser wird. Das kann er nicht ertragen.

Die Taktiken sind vielfältig: Mal kommt er als verlorene Seele, die Einsicht zeigt. Mal als alter Freund, der „nur sehen will, wie es dir geht“. Manchmal nutzt er besondere Anlässe oder inszeniert eine Krise, bei der nur du helfen kannst.

Sarah löscht die Nachricht. Sie blockiert die neue Nummer. „Vor drei Monaten hätte ich sofort geantwortet“, sagt sie später. „Aber jetzt weiß ich: Jede Antwort ist eine Einladung. Jede Reaktion gibt ihm Macht.“

Die härteste, aber wichtigste Lektion: Keine Reaktion ist die einzig richtige Reaktion. Auch keine wütende. Selbst ein „Lass mich in Ruhe“ ist ein Erfolg für ihn, denn es zeigt: Ich kann noch Emotionen in dir auslösen.

Fazit: Du darfst dir Unterstützung holen

Sarahs Geschichte ist noch nicht zu Ende. Sie ist mitten im Prozess, lernt täglich dazu, hat gute und schlechte Tage. Aber eines hat sich fundamental verändert: Sie weiß jetzt, dass sie nicht allein durch diesen Weg gehen muss.

„Das Schwierigste war zu akzeptieren, dass ich Hilfe brauche“, gesteht sie mir. „Ich dachte immer, ich müsste das alleine schaffen. Aber die Wahrheit ist: Ohne dich hätte ich es nicht geschafft. Ich wäre längst zurück bei ihm.“

Wenn du dich in Sarahs Geschichte wiederfindest

Vielleicht liest du diesen Artikel um drei Uhr nachts, weil du nicht schlafen kannst. Weil dein Kopf sich im Kreis dreht mit Fragen: War ich wirklich zu empfindlich? Habe ich überreagiert? Was, wenn er sich doch verändert? Was, wenn ich die Einzige bin, die ihn wirklich versteht?

Vielleicht checkst du zwanghaft dein Handy, zuckst bei jeder Benachrichtigung zusammen, lebst in ständiger Anspannung, wann er als Nächstes auftaucht. Vielleicht zweifelst du an deiner eigenen Wahrnehmung, weil er dir so oft gesagt hat, dass du die Dinge falsch siehst.

Vielleicht sehnst du dich nach Ruhe. Nach einem Leben, in dem du nicht ständig auf der Hut sein musst. Nach der Gewissheit, dass deine Gefühle berechtigt sind. Nach jemandem, der versteht, ohne dass du dich erklären musst.

Der Weg zurück zu dir selbst beginnt jetzt

In meiner 1:1-Begleitung arbeite ich mit Frauen, die genau da stehen, wo Sarah stand. Frauen, die erschöpft sind vom Kämpfen. Die sich nach Klarheit sehnen. Die endlich verstehen wollen, was mit ihnen passiert ist und wie sie da herauskommen.

Ich gebe dir keine leeren Versprechungen. Ich kann dir nicht versprechen, dass es einfach wird. Aber ich kann dir Tools an die Hand geben, mit denen du dein Nervensystem regulieren lernst, sodass du nicht mehr in ständiger Alarmbereitschaft leben musst. Ich zeige dir, wie du deine Bedürfnisse wieder priorisierst, ohne dich schuldig zu fühlen. Ich helfe dir, zurück zu dir selbst zu finden – zu der Frau, die du warst, bevor diese Beziehung dich hat zweifeln lassen.

Und ich unterstütze dich dabei, die Weichen für gesunde, erfüllende Beziehungen auf Augenhöhe zu legen. Nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern Schritt für Schritt, beginnend heute.

Du musst das nicht alleine durchstehen. Und du musst nicht warten, bis du „stark genug“ bist, um Hilfe zu holen. Genau jetzt, in deiner Erschöpfung, in deiner Verwirrung, in deinem Zweifel – genau jetzt ist der richtige Zeitpunkt.

Wenn du bereit bist, den ersten Schritt zu gehen, lade ich dich ein, ein unverbindliches Erstgespräch mit mir zu buchen. Wir schauen uns gemeinsam an, wo du gerade stehst und wie ich dich auf deinem Weg begleiten kann.

Mit der Zeit wird auch ein Narzisst die Trennung akzeptieren – meist dann, wenn er eine neue Quelle für narzisstische Zufuhr gefunden hat. Bis dahin können Monate vergehen. Entscheidend ist: Du musst nicht warten, bis er akzeptiert. Du kannst durch konsequente Grenzen deine eigene Realität leben, unabhängig von seiner Reaktion.

Die Heilung nach einer narzisstischen Beziehung ist individuell verschieden. Viele Betroffene berichten, dass sie 12 bis 18 Monate brauchen, um die intensivsten Phasen zu durchlaufen. Mit professioneller Unterstützung kann dieser Prozess gezielt begleitet und vertieft werden. Wichtig ist: Es gibt kein „zu langsam“. Jede Frau braucht ihre eigene Zeit.

Eine echte Veränderung bei einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung erfordert jahrelange intensive Therapie – und die Bereitschaft des Narzissten, sein Verhalten überhaupt als problematisch zu erkennen. Diese Bereitschaft ist selten vorhanden. Meine Empfehlung: Investiere deine Energie in deine eigene Heilung, nicht in die Hoffnung auf seine Veränderung.

Bild von Katharina Samoylova

Katharina Samoylova

Katharina ist Psychologin und Mentorin. Sie begleitet Frauen nach einer toxischen Beziehung mit einem Narzissten und hilft ihnen, sich selbst wiederzufinden. Ihre Arbeit verbindet psychologisches Wissen mit körperorientierten Methoden wie EFT und Breathwork. Ihr Ziel ist es, Frauen dabei zu unterstützen, sich emotional vom Ex-Partner zu lösen und gestärkt aus der Beziehung hervorzugehen.

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